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Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten

11. Juli 2011  Allgemein

Gemeinsame Erklärung von Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und Alexis Tsipras, Vorsitzender der SYRIZA im griechischen Parlament, zur Euro-Krise

1. Wieder versprechen die Herrschenden in Europa, das nächste Kreditpaket für Griechenland rette die Wirtschafts- und Währungsunion. Doch kaum einer glaubt ihnen dies mehr. Merkel und Sarkozy werden am Nasenring durch die Kapitalmärkte geführt. Rettung gibt es nur für Banken und Versicherungen. Die Bevölkerung in Griechenland, Irland, Portugal ist die Leidtragende. Um die griechischen Banken zu retten und Ansprüche deutscher und anderer Investoren zu bedienen, erhält die Papandreou-Regierung skandalös hoch verzinste Kredite, die von deutschen und europäischen Steuerzahler/innen aufgebracht werden. Zugleich leidet die griechische Bevölkerung unter den Konsequenzen der aufeinander folgenden Troika-Memoranden und Kürzungsprogramme. Die Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB – im Einklang mit den Akteuren des griechischen und internationalen Kapitals verlangen einen regelrechten Ausverkauf des Staates. Bisher erwies sich die griechische Regierung mehr als bereitwillig darin, alle strategischen öffentlichen Eigentümer und Dienstleistungen zu privatisieren.

Gerd Altmann  / pixelio.de

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2. Mit dem Euro-Plus-Pakt, der Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und dem wirtschaftsliberalen Gesetzespaket der Europäischen Kommission zur Europäischen Wirtschaftsregierung wird zudem, um die Finanzmärkte zu beruhigen, der größte Angriff seit Jahrzehnten auf die Beschäftigten, Erwerbslosen, Rentner und Studierenden vorangetrieben. Diese Maßnahmen gefährden die hart erkämpften Rechte von Gewerkschaften in Europa.

3. Die angebliche Rettung des Euro soll auf dem Rücken der Bevölkerungsmehrheit in Europa vorangetrieben werden. Nach einem Jahr von Memoranden der Troika und sogenannten „Nationalen Stabilisierungsprogrammen“ in einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten ist klar erwiesen, dass nicht „Stabilisierung“, sondern die Austeritätsprogramme selbst das Ziel sind und die Forderungen zum Erhalt der Arbeitnehmer/innen-Rechte zum Schweigen gebracht werden sollen. Diese Politik wird zur Demontage des Euro führen. Denn die so genannten Hilfspakete helfen nicht den betroffenen Ländern, schon gar nicht der dortigen Bevölkerung, sie helfen den europäischen Privatbanken und Finanzinvestoren. Denn sie sind es, die die Staatsanleihen der Krisenstaaten halten und sich an den steigenden Zinsen eine goldene Nase verdienen – obwohl genau sie die hohe Staatsverschuldung durch die Finanzkrise maßgeblich verursacht haben.

Gerd Altmann/AllSilhouettes.com  / pixelio.de

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4. Die sogenannten „Hilfszahlungen“ sind Rettungsringe aus Blei. Die mit ihnen verbundenen Kürzungsprogramme sind nicht nur sozial fatal, sie drücken auch die Wirtschaft der betroffenen Länder unter Wasser, was eine höhere Verschuldung verursacht und einen Bankrott immer wahrscheinlicher macht. Das Beispiel Griechenland zeigt dies ganz deutlich: Nach Angaben der OECD hat kein anderes Industrieland jemals innerhalb von 12 Monaten so viel gespart wie Griechenland – doch die Gesamtverschuldung ist explodiert. Nun soll noch mehr von der gleichen Medizin verabreicht werden, noch mehr Einsparungen im sozialen Bereich, noch mehr Liberalisierung und Deregulierung, die Verschleuderung von Staatseigentum soll sogar durch eine „unabhängige“ Privatisierungsagentur durchgesetzt werden. Betroffen hiervon ist in erster Linie die griechische Bevölkerung, während die deutschen Konzerne von den Marktöffnungen und Privatisierungen profitieren. Geht das Ganze schief, haftet in Deutschland letztlich der Steuerzahler.

5. Die Ursache liegt auch in einer brutalen Niedriglohnpolitik in Deutschland, wie sie von der rot-grünen Regierung angefangen mit den Projekten Hartz IV, Agenda 2010 und Rente mit 67 in den letzten Jahren auf die Schiene gesetzt wurde. Auch in Griechenland wurden die Reichen immer weniger, die mittleren und unteren Einkommensgruppen immer mehr besteuert. Die massive Umverteilung von unten nach oben ist die wirkliche Ursache für die Krise. Ohne diese Umverteilung zu stoppen und umzukehren, wird es keine dauerhafte Lösung geben.

6. Mit dieser Politik muss endlich Schluss sein! Wir brauchen einen radikalen Neuanfang in Europa, angefangen mit einer vollständigen Revision der europäischen Verträge, deren neoliberale Bestimmungen sich gerade in der Krise als verheerend erwiesen haben. Ohne europäische Kredite von öffentlichen Banken sowie die Ausgabe von Eurobonds durch die EZB, die verschuldete Staaten vor Strafzinsen der Kapitalmärkte schützt, und einem anschließenden weit reichenden Schuldenschnitt unter wirksamer und verpflichtender Beteiligung der privaten Gläubiger, ohne die Besteuerung von Finanztransaktionen und die Erhebung einer europaweiten Steuer für Einkommensmillionäre, werden Länder, wie Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Belgien und Italien regelrecht in den Abgrund gezogen werden.

7. Wir fordern eine radikale Umkehr von der bisherigen, krisenverschärfenden Politik, welche den Interessen der Bevölkerungsmehrheit in Europa entgegen steht. Als konkrete Sofortmaßnahmen fordern wir die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die Gründung einer Bank für öffentliche Anleihen. Entscheidend ist zudem die Auflage eines umfassenden sozial-ökologischen Investitionsprogramms für Europa.

8. Wir fordern ebenso ein Ende der rassistischen Hetzkampagne gegen die „faulen Südländer“, statt dessen müssen die wahren Verursacher und Profiteure der Krise endlich zur Kasse gebeten werden, unter anderem durch eine echte Bankenabgabe und eine EU-weite einmalige Vermögensabgabe.

9. Notwendig ist aber insbesondere eine Umkehr der deutschen Politik: Durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und eine sanktionsfreie Grundsicherung statt Hartz IV muss die Binnennachfrage gestärkt werden. Dies wäre ein sinnvoller deutscher Beitrag zur Lösung der Krise und würde die europäische Politik endlich mehr an der Interessen der Beschäftigten und der Bevölkerungsmehrheit ausrichten, anstatt diese gegeneinander auszuspielen.

10. Wer will, dass es so weiter geht in Europa wie bisher, arbeitet am Untergang nicht nur der Eurozone, sondern der Europäischen Union. Nationalistische und euronationalistische Appelle, wie jüngst von den EU-Fraktionsvorsitzenden von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen vorgetragen, sind Teil des Problems nicht seiner Lösung. Wir brauchen einen radikalen Neuanfang in Europa, in Deutschland und in Griechenland. Europa wird sozial werden, oder es wird nicht sein!

Jobs für Langzeitarbeitslose? Fehlanzeige!

30. Juni 2011  Allgemein

„Auch wenn die Arbeitslosigkeit rückläufig ist und die Bundesregierung ihre vermeintlichen Erfolge feiert: Der gegenwärtige Aufschwung geht an den Erwerbslosen mit den größten Problemen komplett vorbei. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen hat sich noch einmal um ein Prozent erhöht und liegt nun bei 34 Prozent“, kommentiert Sabine Zimmermann den aktuellen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE weiter:

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„Auch in diesem Aufschwung wird es nicht gelingen, die wahren Probleme des Arbeitsmarktes zu lösen. Dafür hat die Bundesregierung alle Weichen gestellt. Durch die massiven Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik wurden Fördermaßnahmen für Erwerbslose im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück gefahren. Bei den Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung für Hartz IV-Empfänger ist die Zahl neuer Teilnehmer deshalb um über 37 Prozent zurückgegangen. Dieser Personenkreis benötigt aber dringend Weiterbildung und Qualifizierung, um wieder in den Arbeitsprozess zurückkehren zu können. So aber werden sie Ende des Aufschwungs immer noch mit leeren Händen dastehen.

Die Bundesregierung weigert sich zudem beharrlich, auch nur die schlimmsten Formen des Lohndumpings zu bekämpfen. Sie blockiert die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns und die Durchsetzung des Equal-Pay-Prinzips im Bereich der Leiharbeit. Am morgigen Freitag wird die Koalition zwar einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt in den Bundestag einbringen. Der Titel ist jedoch an Zynismus kaum zu überbieten. Das Gesetz sorgt dafür, dass künftig noch weniger Förderung von Erwerbslosen möglich sein wird. Die öffentlich geförderte Beschäftigung wird zu Grabe getragen. Schwer vermittelbare Erwerbslose werden aufgegeben.

Eine Politik, die sich nur auf leicht vermittelbare Erwerbslose konzentriert und den Rest seinem Schicksal überlässt, ist mehr als unsozial. DIE LINKE fordert die Bundesregierung deshalb zu einem grundlegenden Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik auf.“

Rettungsprogramm für die FDP?

27. Juni 2011  Allgemein

Michael Schlecht, MdB – Gewerkschaftspolitischer Sprecher im
Parteivorstand DIE LINKE

Sie kommt nicht so richtig aus dem Keller heraus. Die FDP hat auch mit
ihrem neuen Vorsitzenden Rösler Schwierigkeiten wieder die
Fünf-Prozent-Hürde in den Umfragen zu überspringen. Bei den im Herbst
anstehenden Wahlen in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern werden ihr
gerade mal drei Prozent vorausgesagt.

Was liegt da näher als ein Rettungsprogramm aufzulegen mit
Steuersenkungen? Neun Milliarden Euro will die FDP umverteilen. Da sie
keine finanzielle Gegenrechnung vorsieht, müsste dies durch eine höhere
Neuschuldung finanziert werden. Dem Bund sitzt die „Schuldenbremse“ im
Nacken. Deshalb würde neuer, zusätzlicher Druck zum Sozialabbau
entstehen. Für die Länder sowie die Kommunen drohen Einnahmeverluste.
Dabei haben die Länder seit 2000 bereits auf 190 Milliarden Euro Einnahmen
verzichten müssen. Der Grund waren Steuergeschenke ohne Ende an Reiche und Vermögende.

Deshalb wird seit Jahren bei Erziehung und Bildung und vielem anderem mehr gekürzt. Mit der Steuerreform der FDP droht das weiterzugehen. Nicht mit uns!

Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommensbezieher sind gleichwohl
notwendig. DIE LINKE will den sogenannten „Mittelstandsbauch“
beseitigen. Neun Milliarden Euro sind dafür jedoch zu wenig, das kostet an
die 20 Milliarden Euro. Dies muss gegenfinanziert werden durch Reiche.
Durch diejenigen, die Hundertausende oder gar Millionen im Jahr verdienen.
Aufgrund der Steuerpolitik von SPD/Grünen erhält seit 2005 jeder
Einkommensmillionär Jahr für Jahr mehr als 100.000 Euro geschenkt. Damit
will DIE LINKE Schluss machen!

Das ist unsere Kernbotschaft: Wer weniger als 6000 Euro im Monat verdient
wird entlastet, wer mehr hat wird belastet. Beschäftige mit dem
Durchschnittseinkommen von 30.000 Euro im Jahr müssen jeden Monat 100 Euro weniger Steuern zahlen.

Wir wollen wirklich mehr Netto vom Brutto für die Menschen, die hart für
ihr Einkommen arbeiten. Und diejenigen, die hohe Einkommen beziehen, sollen wieder so zur Kasse gebeten werden, wie das zu Kohls Zeiten üblich war! Dies bedeutet, dass der Spitzensteuersatz von 42 wieder auf 53 Prozent
ansteigt.

Diese Reform der Einkommensteuer ist ein Bestandteil des vom Parteivorstand DIE LINKE Anfang 2011 überarbeiteten Steuerkonzeptes. Es geht aber um mehr. Die Ebbe in den öffentlichen Kassen muss beendet werden. Damit endlich Geld auch für eine bessere Erziehung und Bildung unserer Kinder da ist. Vor allem für mehr pädagogisches Personal. Damit ein sanktionsfreies Grundeinkommen von 500 Euro und weitere soziale Reformen wie bessere Pflege solide finanziert werden können. Schließlich erfordert das linke Zukunftsprogramm, mit dem zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden, finanzielle Mittel.

Mit einer deutlich stärkeren Besteuerung von Konzernen und Vermögenden
können in die öffentlichen Kassen jährlich 180 Milliarden Euro mehr
fließen. Das Herzstück des linken Steuerkonzeptes ist die
Millionärsteuer, die alleine 80 Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen
bringt. Mit dieser Wiedereinführung der Vermögenssteuer ab einem
Vermögen von einer Million und einem Steuersatz von fünf Prozent fließt
vor allem viel Geld in die Länderhaushalte.

Das ausführliche Steuerkonzept der Linken (15 Seiten) kann hier als pdf
heruntergeladen werden:
http://die-linke.de/fileadmin/download/misc/20110129_Beschluss_Steuerkonzept.pdf