Schwarz-Gelb vor dem Super-Gau

19. März 2011  Allgemein

Bei der Podiumsdiskussion vom Donnerstag in Bietigheim zum Thema Energie und Klimawandel zeigte sich deutlich: Die schwarz-gelben Atomkraftfreaks stehen angesichts der Vorkommnisse in Japan mit dem Rücken zur Wand.

Eingeladen hatten regionale Umweltverbände wie der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN), der BUND, die Bietigheimer Gaspreisinitiative und die Naturfreunde. Das Thema hatte es in sich: Drohender Super-GAU in Japan und hektisches Lavieren der schwarz-gelben Atomkraftfreunde in Bund und Land. Was angeblich schon immer den höchsten Sicherheitsstandards entsprochen haben soll, wird nun plötzlich doch hinterfragt: Stell Dir vor, es werden auf einmal einige AKWs abgeschaltet und keiner muss einen Ausfall mangels Strommengen befürchten. Da gerieten die beiden Landtagskandidaten von CDU und FDP, Manfred Hollenbach und Monika Chef schwer in Bedrängnis. Genauer gesagt, sie erlebten ihren persönlichen GAU. Denn sie hatten den atomkritischen Fragen des Moderators und der Veranstaltungsgäste nichts Substantielles entgegenzusetzen.

Hollenbach und Chef ließen nur unscharf erkennen, ob sie auch weiterhin an die 100-prozentige Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke glauben. „Im Prinzip schon, aber seit Japan haben wir eine völlig neue Lage“, beschwichtigten beide und mutierten plötzlich zu Fans der erneuerbaren Energien. Wie ihre Parteivertreter in Berlin hielten sie allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt jegliche Schnellschüsse für unangebracht. Ein sofortiger Atomausstieg sei nicht machbar. Schließlich sei Baden-Württemberg ein hoch entwickeltes Land und auf eine stabile Energieversorgung angewiesen, meinte Hollenbach. Er verbreitete zudem die Mär von der akuten Stromknappheit bei Abschaltung der Alt-AKWs. Als Bürgermeisterin stellte Chef sichtlich stolz den Gemmrigheimer Passivhaus-Kindergarten als Musterprojekt für ökologisches Handeln vor. Beide Landtagskandidaten standen jedoch letztlich mehr oder weniger zur Laufzeitenverlängerung für die alten Atommeiler, die Schwarz-Gelb im letzten Jahr beschlossen hatte, und sahen in der Atomkraft weiterhin eine Brückentechnologie.

Da hatten die Landtagskandidaten von der SPD und den Grünen leichtes Spiel. Der Sozialdemokrat Thomas Reusch-Frey versprach, eine rot-grüne Landesregierung in Baden-Württemberg werde sich über den Bundesrat für ein Ausstiegsgesetz stark machen. Eine sofortige Abschaltung aller AKWs hielt er indes nicht für praktikabel. Dies würde den hiesigen Standort gefährden, argumentierte er. Daniel Rekonen von den Grünen hielt das Atomkraft-Moratorium von Kanzlerin Angela Merkel für eine „Mogelpackung“ im Wahlkampf. Notwendig sei jetzt ein Umbau der EnBW-Struktur, da der Stromkonzern bislang hauptsächlich mit der Atomkraft sein Geld verdient. Rekonen trat für eine „radikale Wende“ in der Energiepolitik des Landes ein. Walter Kubach, Landtagskandidat der Linken im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen, bekannte sich wie Rekonen zum sofortigen Ausstieg aus der Atomkraftnutzung und zur Förderung von Windkraft-Projekten. Als einziger sprach er die Machtfrage an. Derzeit bestimme die Atomlobby die Politik. Dies müsse sich wieder ändern. Im Vordergrund müsse das Primat der Politik stehen, so Kubach. Der Bundestag müsse ein Ausstiegsgesetz verabschieden, das den Ausstieg unumkehrbar mache. Kubach setzte sich überdies für mehr Bürgerbeteiligung ein.