Prekäre Beschäftigung betrifft alle

27. August 2014  Allgemein

Michael SchlechtMichael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher DIE LINKE:

Werkverträge, Leiharbeit, Befristung, unfreiwillige Teilzeit, Niedriglöhne sind für rund 13 Millionen in Deutschland bittere Realität. Die Jubelchöre der Bundesregierung über Beschäftigungsrekorde müssen ihnen wie blanker Hohn vorkommen. Es geht aber nicht nur um die unmittelbar Betroffenen. Die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften, letztlich sogar die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie wird durch die Prekarisierung der Arbeitswelt massiv geschwächt und damit alle Beschäftigten.

Seit 2000 sind 4,3 Millionen „bad jobs“ entstanden: die massive Ausweitung von Teilzeitarbeit, geringfügiger Beschäftigung in Gestalt von Mini-Jobs und von Leiharbeit. Viel zu viele Menschen müssen in diesen Jobs dann auch noch befristet arbeiten. Außerdem sind viele in die Selbständigkeit gedrängt, damit Arbeitgeber sich die Sozialversicherungsbeiträge sparen können. Gleichzeitig sind seit 2000 rund 1,7 Millionen Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden. Die Regierung brüstet sich damit, dass in den letzten Jahren der Verlust sich verringert hat. 2010 lag er noch bei 2,6 Millionen reguläre Vollzeitstellen.

Unter dem Strich bleibt ein Plus von 2,6 Millionen zusätzlichen Jobs seit 2000. Zum größten Teil sind es prekäre Jobs, die in der Regel miserabel bezahlt werden. Und die Beschäftigten trauen sich in der Regel aufgrund des unsicheren Arbeitsverhältnisses nicht, für ihre Interessen zu kämpfen. Häufig sind sie isoliert und haben nicht einmal Kontakt zur Gewerkschaft.

Die prekäre Beschäftigung hat sich – nachdem Rot-Grün die Schutzzäune niedergerissen hatte – immer mehr in die betriebliche Realität hineingefressen. Leiharbeit, Werkverträge und auch Befristungen sind Instrumente, um die Löhne und Arbeitnehmerrechte unmittelbar zu drücken. Mittelbar wird gleichzeitig der Stammbelegschaft verdeutlicht, dass auch andere, billigere, prekär Beschäftigte ihre Arbeit übernehmen können. Dies führt zur Disziplinierung und zur Entsolidarisierung. Rückwirkend wird so die Wahrnehmung von Interessen erschwert.

Dadurch sind generell die Handlungsmöglichkeiten der gewerkschaftlichen Tarifpolitik in den letzten zehn Jahren deutlich schwieriger geworden. Die Tarifbindung und die Durchsetzungsbedingungen für erfolgreiche Tarifabschlüsse wurden deutlich verschlechtert. Die Tarifautonomie ist in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt. Mit der Agendapolitik wurde sie jedoch indirekt massiv beschädigt.

Das hat Folgen für alle. Die preisbereinigte Summe der Entgelte, die alle Beschäftigten bekommen haben, ist gerade einmal um zwei Prozent – genau um 1,8 Prozent –seit 2000 gestiegen. Dies entspricht einem jährlichen Plus von etwas mehr als 0,1 Prozent!

Der Reallohn je Beschäftigten ist im Durchschnitt um 3,7 Prozent gesunken.

Die Prekarisierung in der Arbeitswelt setzt sich in anderen Lebensbereichen fort. Wer in Leiharbeit oder Kettenbefristungen festhängt, erreicht oft nicht eine ausreichende Anwartschaft auf Arbeitslosengeld I und rutscht so gleich in Hartz IV. Für viele prekär Beschäftigte gehört Hartz IV sowieso zum Alltag dazu. Trotz teilweise sogar Vollzeitbeschäftigung müssen sie ihren spärlichen Lohn vom Amt aufstocken lassen, um über die Runden zu kommen.

Wer im Arbeitsleben in prekärer Beschäftigung festhängt, bleibt in prekären Lebensverhältnissen auch im Alter gefangen. Viele prekär Beschäftigte schaffen es nicht, durch Unterbrechungen der Arbeit beispielsweise bei Befristung oder generell durch zu geringe Löhne, einen ausreichenden Rentenanspruch zu erwerben. Geschweige denn selbst etwas fürs Alter zurückzulegen.

Die Bundesregierung feiert aber lieber weiterhin den Beschäftigungsrekord und begnügt sich wie beim Mindestlohn mit halbgewalkten Sachen. Oder will gleich gar nichts wissen, wie bei der Leiharbeit. Die LINKE wird mit einer Kampagne aktiv gegen prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen kämpfen.

Eine ausführliche Analyse zu prekärer Beschäftigung finden sie auf
www.michael-schlecht-mdb.de.

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